Klimaschutz im Kleiderschrank

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Die Fashion-Industrie boomt. Längst vergessen sind die Zeiten, in denen es lediglich eine Sommer- und eine Winterkollektion gab. Heute wechselt die Kleidung in den Läden bis zu zweimal im Monat. Laut Statistischem Bundesamt kaufen wir pro Person 56 Kleidungsstücke im Jahr – das macht insgesamt 4.695 Millionen. Wer es schafft, sich dem „Fast Fashion“-Trend zu widersetzen, schützt nicht nur Klima und Umwelt, sondern hat auch mehr und länger Freude an seiner Kleidung.

Die Textilindustrie ist ein echter Klimakiller. Sie produzierte im Jahr 2015 1,2 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente – mehr als alle internationalen Flüge und die Seeschifffahrt zusammen. So hat sie sich den Ruf als zweitdreckigste Industrie nach dem Erdöl eingehandelt. Etwa 90 Prozent der in Deutschland verkauften Bekleidung ist importiert. Ein Großteil stammt aus China, Indien, Bangladesch und der Türkei. Bevor eine Jeans in Deutschland über den Ladentisch geht, hat sie meist eine weite Reise hinter sich. Die Baumwolle wurde vielleicht in Kasachstan angebaut und in der Türkei zu Garn gesponnen. Der Stoff wurde in Taiwan gewoben, in Tunesien gefärbt und in Bulgarien veredelt. In China wurde die Jeans genäht – mit Knöpfen und Nieten aus Italien und Futterstoff aus der Schweiz. Fehlt noch der Stonewashed-Effekt, den sie in Frankreich erhielt.

Eine Nahaufnahme einer Kleiderstange mit 5 Kleidungsstücken. Diese sind in gelb, hellbrauner und grüner Farbe.

Greenwashing hat jetzt Saison.

Die Modewelt weiß um ihre Verantwortung für das Klima und den Energieverbrauch. Insofern haben sich einzelne Hersteller eigene Öko-Siegel zurechtgeschneidert, deren Inhalte nach selbst definierten Kriterien und Zielen ausgerichtet sind. Das Ergebnis ist eine für die Kundinnen und Kunden unübersichtliche Flut guter Absichten nach ganz unterschiedlichen Kriterien.

Die Transportwege sind nur eines der Probleme

Besonders viele Treibhausgase werden beim Färben und Veredeln der Stoffe freigesetzt, zumal in Ländern wie China hauptsächlich Kohleenergie genutzt wird. Außerdem bestehen heute etwa zwei Drittel aller Textilfasern aus Kunststoffen wie Polyester, Polyamid und Polyacryl, deren Produktion sehr viel Erdöl verschlingt. Kleidung aus Baumwolle hat andere Tücken, denn für den Anbau werden riesige Mengen Wasser benötigt. Die Herstellung eines T-Shirts verbraucht im Schnitt 2.700 Liter – ungefähr 18 Badewannen voll. Dafür werden natürliche Wasserreservoirs wie der Aralsee in Zentralasien leergepumpt. Ganz zu schweigen von den Insektiziden, Pestiziden und Düngemitteln, die beim Baumwollanbau zum Einsatz kommen, den zahlreichen Chemikalien, die das Abwasser belasten, und nicht zuletzt den oft unsozialen Arbeitsbedingungen …

Jedes T-Shirt hat globale Auswirkungen

Heute wird ein Großteil der in Deutschland konsumierten Kleidungsstücke importiert, das ist die weitreichende Konsequenz der Verlagerung der heimischen Textilindustrie ins Ausland. Die Umweltwirkungen, bezogen auf das Produkt, seine Herstellung, Nutzung, Verwertung und Entsorgung, sind dabei signifikant, zum Beispiel aufgrund des Einsatzes gefährlicher Chemi-kalien, des Verbrauchs von Energie, der Übernutzung von Wasser sowie der wachsenden Abfallmengen in der textilen Kette. Die dynamische Entwicklung des Fast-Fashion-Segments lässt zudem erwarten, dass die konsumierte Menge an Bekleidung weiter steigen wird.

Da die Bekleidungsbranche, resultierend aus dem hohen internationalen Wettbewerbsdruck, einen hohen Grad an Globalität aufweist, sind die Umweltwirkungen ebenso global. Die starken internationalen Verflechtungen machen die Kontrolle von Umweltauflagen und Arbeitsrechten komplex und schwierig. Prozessstufen in der Textilherstellung, die besonders starke Energieverbräuche und Belastungen für die Umwelt hervorrufen, sind der Anbau und die Produktion der Rohfasern sowie die anschließende Textil¬veredlung sowie die globalen Transportwege zum Konsumenten.

5 Tipps, wie man durch sein geändertes Kaufverhalten schnell CO2 vermeidet:

  1. Braucht man das Stück wirklich, lässt es sich mit anderen gut kombinieren.
  2. Passt es perfekt und steht es einem tatsächlich.
  3. Würde man das Kleidungsstück auch in einem Jahr noch tragen.
  4. Entsprechen Qualität, Verarbeitung und Stil den Erwartungen.
  5. Wie stark wäre die Enttäuschung, würde man es nicht kaufen.
Eine Frau sitzt auf einem Sofa und stöbert in Kleider einer Kleiderstange, die daneben steht. Das ganze Bild ist in weißen und grauen Tönen gehalten.

Was kann man dagegen unternehmen?

Das Offensichtlichste, was wir tun können, ist, weniger zu kaufen. Das ist allerdings einfacher gesagt als getan. Schließlich wollen wir nicht darauf verzichten, gut angezogen zu sein. Kleider machen Leute. Und was gestern im Trend war, kann heute schon wieder aus der Mode sein. Es ist ein ganz grundsätzliches Umdenken erforderlich – „Slow Fashion“ statt „Fast Fashion“. Wer seinen individuellen Stil findet und ihm treu bleibt, macht sich unabhängig von Modetrends und unterstreicht mit seiner Kleidung die eigene Persönlichkeit.

Es klingt paradox, aber künftige Fehlkäufe lassen sich vermeiden, wenn erst einmal eine Bestandsaufnahme erfolgt und aussortiert wird. Was trage ich überhaupt? Worin fühle ich mich wohl? Und was würde ich anziehen, wenn es repariert wäre? Das Ziel ist ein Kleiderschrank mit nichts außer Lieblingsstücken, von denen sich jedes mit anderen kombinieren lässt, und die man gut pflegt und lange trägt. Dann gehört das Phänomen „voller Schrank, nichts anzuziehen“ der Vergangenheit an.

Wohin mit ausrangierter Kleidung? Vom Upcycling bis zum Flohmarkt

Eine Frau mit rosa Oberteil schlendet über einen Flohmarkt. Die Aufnahme zeigt die Sicht auf den Rücken.

Alles, was repariert werden muss, gehört unter die Nähmaschine – wenn nicht unter die eigene, dann am besten beim Schneider um die Ecke. Doch auch aus Stücken, die auf den ersten Blick ein Fall für die Tonne sind, lässt sich vielleicht etwas Neues gestalten, Stichwort: Upcycling. Im Netz gibt es unzählige kreative Ideen. Zum Beispiel können aus alten Männerhemden, die etwa an Kragen und Manschetten verschlissen sind, interessante Blusen entstehen. Wenn nichts mehr geht, ist immerhin noch ein zweites Leben als Putzlumpen oder Flicken möglich.

In den Beschäftigungsbetrieben der Caritas werden z.B. aus textilen Altmaterialien neue Produkte wie Taschen, Grillschürzen oder Möbel gefertigt. Neben der Tatsache, dass unnötig Müll vermeiden wird, entstehen dort wahre Unikate, die man sonst nirgends findet. Mehr dazu auf einzigware.

Gut erhaltene Kleidung, für die man keine Verwendung mehr hat, lässt sich im Secondhand-Laden oder übers Internet weiterverkaufen, z.B. bei dob+, Mathilda (für Kindermode), Neufundland, DRK, Oxfam und all den anderen.

Immer beliebter werden auch Kleidertausch-Partys, die sich schnell selbst organisieren lassen. Hier der Link zur Facebook Gruppe von Kleidertauschbörsen und -partys in Frankfurt.

PS: Auch für ausrangiertes Kinderspielzeug gilt: Besser Tauschen oder Verschenken als Horten oder Entsorgen. Mehr dazu unter hier.

Wer möchte, kann gut Erhaltenes aber auch bei einer Kleiderkammer vorbeibringen oder an andere soziale Einrichtungen spenden, die sich über die Webseite „Wohin damit?“ finden lassen. Altkleidersammlungen sind dagegen umstritten – nicht nur, weil es viele schwarze Schafe unter den Sammlern gibt, sondern auch, weil generell ein großer Anteil der Kleidung im Ausland weiterverkauft wird. Wenn es trotzdem der Altkleidercontainer sein soll, hilft das Siegel „FairWertung“, einen vertrauenswürdigen zu finden.

Doch wie schafft man es nun, dauerhaft weniger zu kaufen?

Es hilft sehr, sich über das eigene Konsumverhalten bewusst zu werden. So kann ein Jahr lang eine Strichliste für alle Neukäufe geführt werden. Wie weit sind Sie von den 56 Kleidungsstücken entfernt, die pro Kopf in Deutschland gekauft werden? Eine schöne Idee ist es, sich für jedes Kleidungsstück, das schweren Herzens nicht gekauft wurde, das gesparte Geld auf ein separates Konto zu überweisen, um sich davon am Ende des Jahres etwas zu leisten. Statt sich bei (virtuellen) Schaufensterbummeln zu einem unüberlegten Kauf verführen zu lassen, sollte man nur dann gezielt auf die Suche gehen, wenn es notwendig ist. Oft kaufen wir, weil wir uns etwas gönnen möchten. Doch dafür gibt es nun wirklich bessere Alternativen!

Und was, wenn etwas Neues hermuss?

Secondhand-Läden, Flohmärkte und Kleidertausch-Partys sind die nachhaltigste Wahl. Kleidung für besondere Anlässe kann man ausleihen oder mieten.

Secondhand-Läden

Wo Du in Frankfurt und Umgebung richtig tolle alte Stücke findest und Deinen Kleiderschrank trendsicher machst:

Die hier genannten und/oder verlinkten Unternehmen, Anbieter oder Orte sind eine Auswahl und bilden nur eine Momentaufnahme ohne Anspruch auf Aktualität und Vollständigkeit. Du vermisst hier ein Unternehmen, einen Anbieter oder einen Ort? Dann gib uns gerne über klimaschutz.team@stadt-frankfurt.de Bescheid.

Frankfurter Flohmarkt

Alten Stücken ein zweites Leben schenken, Schätze heben, echte Perlen entdecken. Der Frankfurter Flohmarkt findet im Wechsel an zwei unterschiedlichen Orten am Main statt. Entweder am Mainufer zentral in Höhe des Schaumainkai mit grandiosem Blick auf Innenstadt und Skyline. Oder an der Lindleystraße im Osten der Stadt. Im alten Industriehafen ist das Ambiente vielleicht etwas sachlicher, das Angebot aber das gleiche. Jedem erfolgreichen Kauf geht immer eine ausgiebige Orientierungsphase, die Entscheidung sowie ein gutes Verhandlungsgeschick voraus. Was eigentlich fast noch wichtiger ist als der Kauf selbst.

(Quelle: Flohmarktheld)

Termine für kommende Trödel und Flohmärkten in Frankfurt und der Region: hier oder hier.

Eine Nahaufnahme einer Kleiderstange auf einem Flohmarkt

Bei Neuware heißt es, in zeitlose, hochwertige und damit langlebige Stücke zu investieren. Während sich weltweite Mode-Discounter und -ketten in immer schnelleren Abfolgen neuer Kollektionen überschlagen, setzt sich bei immer mehr Modefreunden die Erkenntnis durch, dass weniger mehr ist. Und besser besser bleibt. Ein gutes Stück zu vielleicht höheren Preisen, in guter Qualität aus besten Rohstoffen und Materialien verarbeitet, hat ein eindeutig längeres und besseres Leben. Genau das ist es, was Modeliebhaber lieben und suchen. Nicht nach der Saison in den Müll, sondern länger Freude an seinem Kleidungsstück haben.

Billiges, was schon bei der erste Wäsche Form und Farbe verliert, ist auch den kleinsten Betrag nicht wert. Kaufen Sie lieber vor Ort als online ein. So finden Sie schneller etwas, das Ihnen wirklich gut steht und passt, und Sie können sich direkt von der Qualität überzeugen. Zudem fallen Transportwege weg – erst recht, wenn online bestellte Ware wieder zurückgeschickt wird. Zum Teil wird sie als so genannte Ausschussware vernichtet, weil dies mitunter billiger ist, als die Retouren zu bearbeiten.

Diese Label geben Sicherheit.

Ein hellblaues Hemd auf einem Bügel. Im Hemd ist ein Aufnäher mit "Grüner Punkt"

Wenn nachhaltig Mode zu kaufen nur so einfach wäre wie nachhaltig zu essen. In
jedem Supermarkt stehen neben konventionellen und regionalen Produkten immer mehr Biolebensmittel im Regal. Gekennzeichnet sind Milch, Salami oder Mehl zwar mit verschiedenen Siegeln, aber für die Bezeichnung „Bio“ gelten staatliche Standards. Die fehlen im Textilmarkt ebenso wie das Nebeneinander von ökologisch und konventionell erzeugten Kleidungsstücken in den Regalen.


Garantierte Umwelt- und Sozialstandards

Sehr wichtig sind Siegel, die Umwelt- und Sozialstandards garantieren. Für Kleidung gibt es allerdings sehr viele verschiedene davon. Das Informationsportal Siegelklarheit bietet einen Überblick. Als „sehr gute Wahl“ wird dort etwa das GOTS-Siegel („Global Organic Textile Standard“) bezeichnet. Ein staatliches Siegel für nachhaltige, sozial und ökologisch hergestellte Kleidung ist der „Grüne Knopf“. Modemarken, die ausschließlich faire und ökologische Kleidung anbieten, sind zum Beispiel bei Utopia zu finden.volupta.

Den besten Überblick verschaffen diese drei Labels, die die sicherste Qualität in den Kriterien Umwelt, Soziales und Nachhaltig bieten:

IVN-Label

Die Kennzeichnung IVN schmückt Kleidung, die nach der reinen Öko-Lehre hergestellt wird. Vergeben wird das Zertifikat durch den „Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft“ (IVN) mit Sitz in Stuttgart. Sein runder Button hängt an Textilien, die ausschließlich aus Naturfasern gemacht wurden, also etwa aus Baumwolle, Leinen oder Wolle. Dabei muss die Produktion besonders strengen Anforderungen genügen.

GOTS-Siegel

Zusammen mit Öko-Verbänden aus England, den USA und Japan hat der IVN 2002 den nicht ganz so strengen Global Organic Textile Standard (GOTS) gegründet. Weltweit sind laut GOTS inzwischen 5024 Betriebe zertifiziert. Der GOTS versucht einen Kompromiss zwischen Anspruch und Pragmatismus. Im Gegensatz zum IVN-Label lässt er zum Beispiel beim Färben manche Schwermetalle wie Kupfer und Eisen zu. Der Anteil an biologisch erzeugten Fasern eines Kleidungsstücks muss nur bei mindestens 70 Prozent liegen, wenn der Hersteller das kenntlich macht.
Eine Fabrik, die sich nach dem GOTS zertifizieren lassen möchte, muss eine funktionierende Kläranlage vorweisen, für die Tierhaltung – etwa von Schafen – gibt es Vorschriften. Auch soziale Kriterien wie das Verbot von Kinderarbeit oder das Recht auf die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, wurden inzwischen aufgenommen.

Fair Wear Foundation

Die Fair Wear Foundation FWF mit Sitz in den Niederlanden zertifiziert nicht einzelne Produkte, sondern arbeitet mit Unternehmen zusammen. Verbraucher finden also im Discounter keine einzelne Kinderjeans mit dem roten Logo der FWF. Die Stiftung entwickelt mit dem jeweiligen Unternehmen eine Roadmap mit Zielen – etwa mit Prozentzahlen von Zulieferbetrieben, deren Arbeitsbedingungen überwacht werden. Jährliche Berichte sind online abrufbar und zeigen, ob das Unternehmen Fortschritte macht.

Die Stiftung arbeitet mit Gewerkschaften, Betriebsräten oder Menschenrechtsorganisationen vor Ort zusammen. Richtig und vollkommen fair, da sind sich die Experten einig, lässt sich in Bangladesch oder Pakistan bislang nicht herstellen. Wer aber Mitglied in der Fair Wear Foundation ist, hat sich immerhin auf den Weg gemacht. Mehr als 80 Unternehmen mit 120 Marken sind mittlerweile dabei, darunter auch das schwedische Modeunternehmen Acne Studios und der deutsche Outdoor-Spezialist Schöffel.

Grüner Knopf

Aktuell führen mehr als 50 Unternehmen Textilien mit dem Siegel Grüner Knopf. Ein weiteres Dutzend Unternehmen befindet sich momentan im Prüfprozess und 100 Unternehmen – auch im Ausland – lassen sich derzeit zur Zertifizierung beraten. Das Siegel der Bundesregierung zur Überprüfung sozialer und ökologischer Standards setzt sich zunehmend durch.

Wer sich für einen bewussten Umgang mit Mode entscheidet, tut nicht nur der Umwelt und dem Klima viel Gutes, sondern auch sich selbst – und ist vermutlich besser gekleidet als jemals zuvor.

Quellen: Ellen MacArthur Foundation: “A New Textiles Economy“; Futurium, Berlin; Grüner Knopf: „Orientierung beim Einkauf“; hessenschau.de: „Klimasünder Kleidung“; Statista: „Bekleidung“; Umweltbundesamt: „Bekleidung“; Quarks: „So macht unsere Kleidung die Umwelt kaputt“; Quantis: „Measuring Fashion“; Virtuelles Wasser: „Wieviel Wasser steckt in 1 kg Baumwolle?“

Bildquellen

Bild mit Kleiderstange / iStock.com/EkaterinaFedulyeva
Frau mit Kleiderstange / iStock-643379110_g-stockstudio,
Frau auf Flohmarkt / Kevin Mc Cutcheon – Unsplash
Nahaufname Kleiderstange / Artificial-Photography/Unsplash
Bild von Hemd mit grünem Knopf / BMZ